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Postkarten-Prosa 08/09 Lagebericht Teil 1
Schon Tage vor der Abfahrt,
meine ich in der abgestandenen Stadtluft,
das Meer heraus zu riechen.
Auf dem Langweg siehst du mehr Sterne als
im Flugzeug,
wenn das Wetter es zulässt
einen ganzen Winter Nachthimmel lang.
Wir sind die Letzten die sich mit dem Auto
auf die beschwerliche Reise,
Richtung Süden machen.
Wie gewöhnlich fahren wir mit klassischer Musik
von Händel
"Der Messias"
den Berg hinab in die Stadt ein.
Auf den steilen, frisch, verschneiten Serpentinen bekommt
das vielstimmige "Halleluja" des Chors
einen inbrünstigen Klang.
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Sturmvögel geben sich
im Himmel über Cadaques ein Stelldichein.
Das Meer hat einen Fuß in der Tür,
und verwandelt die Bucht
in einen Gischt schäumenden, brodelnden Kessel.
Die Brandung hat leichtes Spiel mit kleinen Booten.
Sie findet die schwachen Stellen im Straßenfundament,
schultert ein ausgewachsenes Schiff
und trägt es ans Land.
Salzwasser mischt sich mit Süßwasser.
Der biblische Regen überfordert die Dichtigkeit
der örtlichen Bausubstanz.
Unsere Wohnung im Hang,
wird wieder, was sie war,
eine Tropfsteinhöhle.
So altert Cadaques am Tag unsere Ankunft
um Jahre, wenn nicht gar Jahrzehnte.
Die Museen bleiben leer,
Sturmschäden sind die Attraktion der Saison.
Wir treten abends nur einmal
in voller Mannschaftsstärke am Billardtisch an.
Die folgenden Tage sind wir damit beschäftigt,
nicht krank,
oder wieder gesund zu werden.
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